In seiner neusten Serie von Wandobjekten behält Engelberg die bildhauerische Herangehensweise bei und überträgt diese auf scheinbar zweidimensionale Arbeiten. Der Künstler reduziert die entstehenden Werke sowohl thematisch, wie auch technisch, um zu den Grundelementen der bildhauerischen Frage zu gelangen – dabei verwendet er das formale Suchen nach diesen Elementen als eigenständige künstlerische Vorgehensweise, um Fragen der Wahrnehmung zu untersuchen.
Die so entstehenden klein- bis mittelformatigen Werke wirken auf den ersten Blick wie abstrakte Malereien, erst beim näheren Betrachten zeigt sich, dass es sich um gebaute Bilder handelt, die statt Leinwand und Farbe aus Dämm- und Baustoffen bestehen. Engelberg überträgt die aus dem Baumarkt stammenden und sonst im handwerklichen Bereich angewendeten Materialien in den Kunstbereich und setzt sie zu abstrakten Bildkonstruktionen zusammen. Er verwendet bewusst kunstferne Werkstoffe, die sonst oftmals übersehen oder deren Merkmale rein funktional wahrgenommen werden und die durch die Übertragung in den Raum der (künstlerischen) Betrachtung eine neue Wertigkeit erhalten.
Auch die Motivik der einzelnen Arbeiten ist inspiriert von Materialmustern, Rastern und Formen, die sich auf Baustellen oder Baustoffen finden lassen. Engelbergs Arbeitsweise bei der Konstruktion der Objekte erinnert an Intarsien – eine Einlegearbeit und Dekorationstechnik mit Holz, deren Ursprünge bis über das 13. Jahrhundert hinaus zurückreichen – wobei der Künstler die traditionelle, aufwendige Technik mit weichen, billigen oder zum Teil vergänglichen Materialien durchführt und so einen Bruch, eine Spannung zwischen der Technik und der Materialwahl herstellt. Durch das Zusammenführen und Verschmelzen der Bauelemente entsteht im künstlerischen Arbeitsprozess eine neue Materialität, die von Engelberg durch Beton- oder Silikongüsse, aber auch um Leerflächen erweitert wird, wobei die Farbigkeit der Wandobjekte bereits durch die Materialwahl – also beispielsweise die verschiedenfarbigen Dämmstoffe – bestimmt wird.
Die künstlerische Entscheidungsfindung, die Daniel Engelberg bei der Konstruktion und Kombinatorik dieser formal stringent und „clean“ aussehenden Arbeiten trifft, ist äußerst spontan und intuitiv. Es ist ein prozesshaftes Arbeiten auf der Suche nach formschlüssigen Konstruktionen, das bei der Komposition von Farbe und Material die Vorgaben der Werkstoffe aufgreift und integriert. Den Kontrast zwischen der minimalistischen, klaren Ästhetik und der rauen, billigen Stofflichkeit, welche die Wandobjekte auszeichnen, arbeitet der Künstler zu einem produktiven Bruch heraus, der Fragen aufwirft nach der Verfasstheit der Kunst: Was ist eine Bild? Wie fertig muss es sein? Und welches ist der Raum, in dem es präsentiert wird?
Text von Anja Lückenkemper, Kunstverein Göttingen